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   Rezension

  Rezension,
  derentwegen die  Sporthochschule die Rufmordkampagne initiierte

aus "Musik & Bildung", Schott Verlag, Mainz, April/Mai 2000

  Brandneu, dicht im Gehalt, wissenschaftlich auf hohem Niveau und dazu noch praxisrelevant - diese Attribute lassen sich selten gemeinsam auf ein Buch beziehen. Eines unter diesen eben höchst lesenswerten Beispielen ist das Ende 1999 erschienene Werk

Karl Hörmann:

Tanzpsychologie und Bewegungsgestaltung

Paroli ISBN 3-927260-12-6, 226 Seiten

Bewegung gehört unabdingbar zum menschlichen Leben und ist weit mehr als pragmatische Motorik, um eine Türklinke niederzudrücken oder in eine U-Bahn einzusteigen. Ein sich bewegender Körper vermag, recht gedeutet, Einblicke in die Befindlichkeit des Menschen und in Dimensionen seiner Persönlichkeitsstruktur zu vermitteln. Seltsam, dass dennoch die Wissenschaft von der humanen Ausdrucksbewegung auf einem kleinen Terrain stattfindet - etwa gemessen am Umfang von Entwicklungspsychologie.

Die Psychologie tanzender Bewegung und körperbezogener Gestaltung nimmt Karl Hörmann, einer der renommiertesten Europäischen Vertreter der Musik- und Tanztherapie, in der Wissenschaftsszene ebenso bedeutend wie in der Praxis erfahren, systematisch und präzise unter die Lupe. Zunächst besticht die Fülle an neuesten Forschungsergebnissen, die hier in ausgeloteter Beziehung zur Tradition von Bewegungsanalyse und Tanzpsychologie gebracht werden. Allein dies würde das Buch zu einem besonders wertvollen Nachschlagewerk machen.

Solche Verweise sind für Hörmann allerdings nur Mittel zum Zweck, um vielschichtig die Bedeutung von Tanz zu entschlüsseln. Der Diskurs wird dabei zwischen den Polen der Elementarisierung von Tanzbewegungen und der ganzheitlichen Phänomenologie von Tanz, zwischen unmittelbarem bewegungsspezifischem Ausdruck und tanztherapeutischer Intervention, zwischen festgelegtem Tanz und Tanzimprovisation, zwischen Körper und Musik, zwischen Alltag und Bühne geführt.

Mit einer Genauigkeit, die an das Ausmessen eines EKGs erinnert, geht Hörmann an die Untersuchung von Bewegung heran, mit einem äußerst sensiblen Maßstab der Beobachtung, die trotz der Beachtung des Details nie die Gesamtheit der Bewegung und der sich bewegenden Person außer acht läßt, ebenso wenig wie den Kanon der Aspekte, die der Ganzheit des Phänomens gerecht werden. Der Beobachtung folgt die präzise Analyse, für die Hörmann ein imposantes Methodenrepertoire liefert und so den Weg ebnet, der Tanzpsychologie auch erlernbar macht. Aus den Daten folgt schließlich eine mehrdimensionale Bewegungsinterpretation, die die Brücke zur Wirklichkeit der Persönlichkeit schlägt.

Hörmanns Werk läßt sich zum einen wärmstens als Lehrwerk, das studiert werden will, empfehlen: für Studenten der Psychologie ebenso wie künstlerisch pädagogischer und künstlerisch therapeutischer Richtungen. Es richtet sich aber auch kompetenzerweiternd an Musik- und Sportpädagogen, an Bewegungs- und Psychodramatherapeuten sowie an Kliniker, die nach der Sprache des Körpers suchen.

Professor Dr.Dr.Dr.Wolfgang Mastnak, Hochschule für Musik und Theater München

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